In Guinea-Bissau hat SWISSAID Alphabetisierungsprogramme für Frauen lanciert, in denen sie lesen, schreiben und rechnen lernen. Diese neuen Fähigkeiten erleichtern den Frauen das Handeln und Verkaufen und befreien sie aus der Spirale aus fehlender Bildung, Hunger und Armut.
Die Fakten
Die Ziele
SWISSAID will die soziale und wirtschaftliche Stellung der Frauen in Guinea-Bissau durch Bildungsprogramme verbessern. Dank Alphabetisierungskursen und den neu erworbenen Fähigkeiten erhalten die Bäuerinnen eine Chance auf eine bessere Zukunft: Sie verbessern ihre Erwerbsmöglichkeiten, steigern ihr Einkommen, erhalten Zugang zu Krediten und nehmen an politischen Entscheidungen teil. Diese Förderung hilft nicht nur ihnen und ihrer Familie, sondern wirkt auch gegen den Hunger.
Augusta Dacosata durfte nie zur Schule gehen. «Das hat mich mein ganzes Leben lang benachteiligt. Bis vor einigen Monaten konnte ich nicht einmal meinen Namen schreiben», sagt die vierfache Mutter, die in Guinea-Bissau lebt. Nun verfügt sie über Grundkenntnisse nicht nur im Schreiben und Lesen, sondern auch im Rechnen.
Die junge Frau, die vom Verkauf von Cashewnüssen lebt, hat in ihrem Dorf an Alphabetisierungskursen teilgenommen, die von lokalen, durch SWISSAID ausgebildeten Lehrkräften, durchgeführt wurden. Seitdem hat sie positive Veränderungen beobachtet: «Früher wurde ich auf dem Markt oft übers Ohr gehauen. Das passiert mir heute nicht mehr, weil ich die Währung auf den Cent genau kenne und rechnen kann.», sagt sie bestimmt und fügt hinzu: «Ich habe jetzt viel mehr Selbstvertrauen und die Männer nehmen mich ernst.»
Hunger ist weiblich
Verhandeln und Verkaufen will gelernt sein
Guinea-Bissau gehört zu den ärmsten Ländern der Welt; fast 70 Prozent der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Der fehlende Zugang zu Bildung ist eine der Hauptursachen für die prekären Lebensverhältnisse und den Hunger. Frauen sind davon besonders betroffen, da nur fünf von zehn Frauen lesen und schreiben können. Ihre Chancen, Zugang zum Arbeitsmarkt zu erhalten, einen Kredit zu bekommen oder sich an politischen Entscheidungen zu beteiligen, sind daher gering.
Damit sich die Frauen aus diesem Teufelskreis befreien und ihre Selbstständigkeit stärken können, fördert SWISSAID ihre Kompetenzen in verschiedenen Bereichen. Neben Grundlagenwissen werden den Frauen auch Verkaufs- und Verhandlungstechniken vermittelt, damit sie besser verhandeln können und so mehr verdienen. Sie lernen zum Beispiel, wie man den Preis eines Produkts unter Berücksichtigung aller Produktionskosten festlegt und man mit der Kundschaft einfacher ins Geschäft kommt.
Fast 70 Prozent der Menschen im westafrikanischen Guinea-Bissau leben unterhalb der Armutsgrenze. Frauen sind besonders betroffen und in fast allen Lebensbereichen benachteiligt. Durch Alphabetisierung lernen sie lesen, schreiben und rechnen – das beste Mittel gegen den Hunger.
Um Kundschaft anzulocken, wurden 25 Tische gekauft und den Gemüsebäuerinnen zur Verfügung gestellt. So kann das nachhaltig angebaute Gemüse auf den lokalen Märkten ansprechend präsentiert werden und liegt nicht wie bisher auf dem Boden. Auf den Tischen wirkt das Gemüse ansprechender und lädt potentielle Kundinnen und Kunden ein, näher zu kommen, zu schauen und zu riechen und sich von der Qualität des Gemüses zu überzeugen. Zusätzlich entwarfen die Frauen in Zusammenarbeit mit einem Grafiker ein Logo, damit die Kundinnen und Kunden die agrarökologischen Produkte besser von den konventionellen unterscheiden können.
Ein besseres Leben dank Solarpumpen, Motorräder und Agrarökologie
Bis das Gemüse an den Marktständen ankommt, sind die Wege oft lang: Die meisten Bäuerinnen tragen ihre Waren auf dem Kopf, was manchmal zu Verlusten führt, da das Gemüse während der Anreise herunterfallen kann. Um den Händlerinnen das Reisen und den Transport der Waren zu erleichtern, unterstützte SWISSAID den Kauf von zwei Motorrädern. Dadurch werden die Anfahrtszeiten kürzer und die Verluste geringer. Für die Verwaltung der Zweiräder sind die Vorstände der Frauengruppen zuständig.
Weiter vereinfachen die auf den Feldern installierten Solarpumpen die Bewässerung. Das Wasser wird neu über ein Wasserversorgungssystem vom Speicher zu den Beeten geleitet. Das erhöht die Produktion. Zur Verfügung gestellt werden ebenfalls diverse Werkzeuge für den Gemüseanbau aus lokaler Produktion, die die Feldarbeit erleichtern.
Ich bin erwachsen, meinen Namen konnte ich jedoch bis vor wenigen Monaten nicht schreiben. Zur Schule durfte ich als Kind nie. Das hat mich mein ganzes Leben lang benachteiligt.
Das Projekt hat die Dorfbewohnerinnen einander auch nähergebracht: «Wir tauschen uns aus, arbeiten zusammen und planen gemeinsam Verbesserungen.», freut sich Augusta Dacosata. Dank den neuen Solarlampen können sich die Frauen nun auch abends treffen, wenn es dunkel ist.
Marta Indibe Suqué, Muttern von fünf Kindern, hat vom Bildungsprojekt profitiert. Sie hat agrarökologische Techniken erlernt: «Jetzt kann ich gefahrlos anbauen, ohne mir, meiner Familie oder der Umwelt zu schaden.» Ich habe verstanden, dass es sich nicht lohnt, Geld für chemische Düngemittel auszugeben, die gefährlich sind, wenn man sie zu Hause lagert und auf den Feldern ausbringt. Dank der Produktion von organischem Dünger habe ich meine Ausgaben gesenkt und baue qualitativ hochwertigere Produkte an.» Die wirtschaftliche Situation der Familie hat sich seither erheblich verbessert.
Heute kann ich meine Kinder ausgewogen ernähren. Ich kann alle Schulgebühren und die Kleidung aus den Einnahmen des Gemüseverkaufs bezahlen. Weil ich lesen, schreiben und rechnen kann, habe ich Einfluss in meiner Gemeinde.
Dank Gleichstellung mehr Einfluss der Frauen
Neben der wirtschaftlichen Unabhängigkeit steht auch die Gleichstellung der Geschlechter im Fokus. Im Rahmen von Sensibilisierungsmassnahmen lernen die Frauen ihre Rechte kennen. Das Ergebnis: Ihre soziale Stellung gegenüber den Männern und Dorfältesten wird gestärkt. Sie scheuen sich nicht mehr davor, sich zu engagieren und an Entscheidungen auf Gemeindeebene teilzunehmen. Beispielsweise wenn es um die Verwaltung von Brunnen oder die Nutzung von Maschinen wie Ölpressen oder Reisschälmaschinen geht. «Dank der erlernten Fähigkeiten habe ich in unserer Gemeinde nun mehr Einfluss. Ich ermutige die anderen Frauen, es mir gleichzutun und an den Aktivitäten von SWISSAID teilzunehmen. Ihre Ehemänner betrachten mich als ein Vorbild», erzählt Marta Indibe Suqué nicht ohne Stolz.
Ein eigenes Einkommen zu haben ist für die Frauen unerlässlich, da sie die Familien alleine ernähren. Lesen, Schreiben und Rechnen ermöglichen es den Bäuerinnen, den Hunger zu bekämpfen und ihre Rechte zu verteidigen. «Meine Lebensbedingungen haben sich deutlich verbessert. Ich bin sehr glücklich darüber», freut sich Augusta Dacosata mit einem Lächeln in den Augen.