Die aktuellen OECD-Zahlen zeigen, dass die Schweiz auch 2019 nur 0.44% ihres BNE für die öffentli­che Entwicklungsfinanzierung (Aide publique au développement, APD) ausgab. Zieht man die Ausga­ben für Asylsuchende in ihrem ersten Aufenthaltsjahr in der Schweiz ab, beträgt die APD-Quote gar nur 0.4%. Dies obwohl das Schweizer Parlament 2011 das Ziel setzte, die APD-Quote auf 0.5% zu erhöhen. Dieses Ziel wurde 2015 erreicht, seither sinkt die APD-Quote wieder. Im September 2017 bestätigte der Nationalrat mit klarer Mehrheit, dass er am 0.5%-Ziel festhält. Dem zum Trotz wird dieses nun zum dritten Mal in Folge deutlich verpasst.

Mit ihrer APD-Quote liegt die Schweiz im OECD-Ranking nach wie vor auf Platz 8, hinter Luxemburg, Norwegen, Schweden, Dänemark, England, Deutschland und den Niederlanden. Luxemburg, Norwe­gen und Schweden weisen eine mehr als doppelt so hohe APD-Quote aus wie die Schweiz, obwohl sie erst noch massiv weniger Asylausgaben an die APD anrechnen lassen.

Das Parlament bestimmte das Ziel einer APD-Quote von 0.5% in Zeiten eines stabilen BNE und lange vor der aktuellen Coronakrise, die auch die Entwicklungsländer empfindlich trifft. Weil in der Schweiz mit einem temporären Einbruch des BNE zu rechnen ist, werden den Entwicklungsländern selbst bei einer APD-Quote von 0.5% möglicherweise weniger Gelder zur Verfügung gestellt werden als in den letzten Jahren. Es ist darum jetzt der richtige Zeitpunkt, dass die Schweiz endlich dem internationa­len, im Rahmen der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung erneut bekräftigten Ziel nachkommt, die APD-Quote auf 0.7% des BNE zu erhöhen. Angesichts der absehbaren verheerenden Entwick­lungsfolgen der Coronakrise ist eine solche Erhöhung dringender denn je.

Die Coronakrise wird die kommenden Parlamentsdebatten über die Rahmenkredite für die interna­tionale Zusammenarbeit stark beeinflussen. Wie Alliance Sud hier darlegt, hat die globale Corona­krise schon jetzt massive wirtschaftliche und soziale Auswirkungen in den ärmsten Ländern. Ver­schiedene ExpertInnen warnen vor einem massiven Anstieg der globalen Armut und des globalen Hungers sowie vor möglichen humanitären Katastrophen unvorstellbaren Ausmasses.

Es ist nicht nur ein moralisches Anliegen, die Ärmsten und Verletzlichsten zu schützen und die schlimmsten Szenarien zu verhindern; dies zu tun liegt auch ganz klar im Eigeninteresse reicher Länder wie der Schweiz. So warnte eine Gruppe von zwanzig namhaften ÖkonomInnen und GesundheitsexpertInnen unlängst in einem offen Brief an die G20, wenn jetzt nicht mehrere Billionen US-Dollar bereitgestellt würden, um die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Corona­krise in Entwicklungsländern aufzufangen, würden die Folgen dieser Krise in Form zukünftiger globa­ler Gesundheitskrisen und Massenmigration auch den Westen empfindlich treffen.

Weitere Informationen

  • Kristina Lanz, Dossier Entwicklungspolitik, Alliance Sud, Tel. 076 295 47 46