Wie Public Eye am Mittwoch bekannt machte, dehnt die Bundesanwaltschaft ihre Korruptionsermittlungen gegen Gunvor, einen der grössten Genfer Rohstoffhändler, weiter aus. Nach Geschäften in der Republik Kongo interessieren sich die Strafverfolger nun auch für verdächtige Aktivitäten in der Elfenbeinküste. Gunvor reagierte auf den Druck gleichentags mit der Ankündigung, in wenigen Wochen offenzulegen, welche Zahlungen beim Kauf von Rohstoffen an Regierungen fliessen. Der Genfer Ölhandelskonzern folgt damit dem Vorbild von Trafigura, welche der öffentlichen Kritik 2014 ebenfalls mit diesem ersten bescheidenen, aber doch positiven Schritt begegnete. Und damit auch bewies, dass dies wirtschaftlich völlig unproblematisch ist.
Im Grundsatz entspricht diese Massnahme einer langjährigen Forderung des internationalen NGO-Netzwerks «Publish What You Pay» (in der Schweiz durch SWISSAID und Public Eye vertreten) die gestern Gegenstand der in der RK-N debattierten Anträge war. Ein Komitee von 15 Anti-KorruptionsspezialistInnen und weiteren Persönlichkeiten hatte sich mit einem offenen Brief bei der Kommission dafür eingesetzt.
Nur 2 von 544 Firmen unternehmen freiwillig erste Transparenzschritte
Leider ohne Erfolg: Eine Mehrheit der Kommissionsmitglieder will auf den bundesrätlichen Alibi-Vorschlag setzen, welcher gemäss unserer ausführlichen Branchenanalyse von 544 Rohstoffunternehmen gerade mal bei 4 bis 14 Firmen zu mehr Transparenz führen würde. Während Regierungen rohstoffreicher Entwicklungsländer weiter Milliarden von Schweizer Rohstoffhändlern auf intransparente Weise erhalten und der Bevölkerung vor Ort die Hände gebunden sind, die richtigen Fragen zu stellen.
Angesichts der besonders hohen Korruptionsrisiken im Rohstoffhandel forderte die OECD die Schweiz erst Ende März zum Handeln auf: «Der Rohstoffhandel sollte Gegenstand von massgeschneiderter, verbindlicher Regulierung sein», teilte die Organisation mit. Doch fünf Jahre nach dem Rohstoffbericht des Bundesrats folgt trotz hohem Handlungsdruck keine Reaktion. So sind es bis heute lediglich 2 von 544 Firmen, die freiwillig erste Transparenzschritte unternehmen. Und das obwohl Schweizer Rohstoffhändler zwischen 2011 und 2013 55 Milliarden Dollar an die zehn grössten afrikanischen Rohstoff-Förderländer getätigt hatten («Big Spenders», 2014). Diese Transaktionen werden trotz der Korruptionsrisiken undurchsichtig bleiben.
Es ist nun am Nationalrat, die Augen vor der Realität nicht ebenfalls zu verschliessen und den entsprechenden Minderheitsanträgen (Flach, Mazzone) zuzustimmen. Immerhin hat die RK-N gestern in der Thematik der Menschenrechte einen gewissen Handlungsbedarf anerkannt.
Weitere Informationen
- Oliver Classen, Mediensprecher Public Eye, 044 277 79 06