Mehr als die Hälfte des global gehandelten Goldes wird in die Schweiz eingeführt, dem führenden Standort von Goldraffinerien. Vor drei Jahren hat der Ständerat deshalb den Bundesrat mit der Zustimmung zu einem Postulat von alt Ständerat Luc Recordon damit beauftragt, Bilanz zu ziehen über den Handel mit Gold, das unter menschenrechtsverletzenden Bedingungen abgebaut wird und Massnahmen vorzuschlagen, um dieser Situation ein Ende zu bereiten. Eine Reihe von Skandalen um die Rolle von Schweizer Raffinerien im Umgang mit schmutzigem Gold ging diesem Entscheid voraus und setzt sich bis heute fort: Konfliktgold aus dem Kongo, Kinderarbeit und Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Umsiedlungen in Burkina Faso, Drehscheibe für Risikogold, Genf als Hub für Gold aus Dubai.
Heute anerkennt der Bundesrat, dass den Raffinerien «eine wichtige Rolle bei der Lösung von Problemen im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen» zukommt. Der Goldbericht des Bundesrats beschreibt die Risiken im Goldgeschäft und weist darauf hin, dass weder die bestehende Gesetzgebung noch die freiwilligen Standards des Privatsektors komplett verhindern, dass Gold importiert wird, dass Menschenrechte verletzt und Umwelt zerstört und damit nicht gemäss internationalen Standards abgebaut wird. Auch stellt der Bundesrat fest, dass die Nachverfolgbarkeit des Goldes essenziell ist, die Behörden sich heute aber mit der Angabe des letzten Herkunftslandes begnügen, das oft nicht das Ursprungland des Goldes ist.
Die bundesrätliche Analyse hat jedoch entscheidende Schwachstellen: die Massnahmen der Goldbranche werden überschätzt und der Bundesrat verpasst es, die Lücken im Schweizer Recht zu identifizieren. Zwar hält er fest, dass es heute nach Schweizer Recht «grundsätzlich rechtmässig, wenn auch nicht opportun sein [mag], wenn eine Schweizer Raffinerie Gold aus einer Produktion bezieht, die die sozialen und ökologischen Mindeststandards nicht einhält, sofern diese Produktion im Ursprungsland als rechtmässig gilt.» Und er anerkennt, dass die Schweizer Gesetzgebung in Bezug auf Gold – im Gegensatz etwa zur EU oder den USA – «keine ausdrücklichen Bestimmungen hinsichtlich der Menschenrechte» enthält. Dennoch ignoriert der Bundesrat den gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Die daraus folgenden Massnahmenvorschläge sind somit klar ungenügend. Die unterzeichnenden Organisationen fordern daher den Bundesrat auf, folgende Massnahmen zu prüfen und umzusetzen:
- Die Einführung einer generellen Sorgfaltsprüfungspflicht, wie sie die Konzernverantwortungsinitiative verlangt, mit Sanktionsmöglichkeiten, wenn die Sorgfaltsprüfung ungenügend umgesetzt wird. In Kohärenz damit ist die Integration der Abklärung der Produktionsbedingungen im Rahmen der bestehenden Sorgfaltspflichten in der Edelmetallkontrollverordnung (EMKV) gefordert.
- Auf gesetzlicher Ebene ist sodann das Geldwäschereigesetz (GwG) umfassend (und nicht nur auf Händler von Bankedelmetallen) anzuwenden.
- Die Raffinerien sollen verpflichtet werden, die Resultate der Sorgfaltsprüfung und die Namen der Goldproduzenten und Goldexporteure offen zu legen.
- Die Zollbehörden sollen verpflichtet werden, die Namen der Importeure und Exporteure respektive Lieferanten und Empfänger der Waren sorgfältig zu erheben und sowohl das Herkunftsland, als auch, soweit möglich, das Ursprungsland zu erfassen. Diese Informationen sollen dem Öffentlichkeitsprinzip unterstellt werden.
- Der Bund soll im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit verstärkt bessere Produktionsbedingungen und -techniken fördern, insbesondere im Kleinbergbau und dies über beschränkte Projekte mit Pilotcharakter (Swiss Better Gold Initiative) hinaus und unter finanzieller Einbindung der davon profitierenden Wirtschaft.
Weitere Informationen
- Christoph Wiedmer, Co-Geschäftsleiter Gesellschaft für bedrohte Völker GfbV, Tel. 079 679 01 24