26.01.2021 | « Gleichstellung , Existenzsicherung, Rohstoffe und insbesondere Agroökologie sind die Kerngebiete, für die sich SWISSAID in Tansania einsetzt. Als neue Programmverantwortliche hatte ich im November 2020 während zwei Wochen die Gelegenheit, einen vertieften Einblick in die laufenden Projekte zu erhalten. Der Austausch mit den Begünstigten offenbarte viel Innovationsgeist und Resilienz unter schwierigen Lebensbedingungen.
Lichtblicke im Rohstoffabbau
Kaum ein anderes Land in Afrika weist einen so hohen Ressourcenreichtum auf wie Tansania. Die fast 60 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner haben jedoch wenig von den in ihren Böden schlummernden Schätzen. Der Bergbau bringt oft Gefahren für die Umwelt und die Gesundheit sowie Ungleichheit mit sich.
SWISSAID unterstützt in Tansania Klein- Minen mit einem nachhaltigen Betrieb, sichereren Arbeitsbedingungen, weniger Auswirkungen auf die Umwelt und einer besseren Entlohnung der Beschäftigten.
Doch es geht auch anders: Das zeigen meine Besuche bei drei von SWISSAID unterstützten Klein-Minen . In diesen drei Minen wird die Umstellung auf nachhaltigen Betrieb unterstützt. Dabei spielen neben ökologischen Kriterien natürlich auch soziale Faktoren und die Frauenförderung eine Rolle. So wird eine der drei Minen von einer Frau geführt. Zusammen mit Partnerorganisationen steht SWISSAID in engem Austausch mit staatlichen und nicht staatlichen Akteuren, um die Geschäftsbedingungen im Kleinbergbau zu verbessern. Neue nationale Preisregulierungen bieten weitere Lichtblicke.
Trotzdem: Bis Tansania mit nachhaltigem Gold glänzen kann, ist es noch ein weiter Weg. Der nächste notwendige Schritt in unseren Projekten ist die Etablierung gemeinsam erarbeiteter, realistischer und verbindlicher sozialer und ökologischer Standards.
Agroökologie: zum richtigen Zeitpunkt geerntet, ist halb gewonnen
Erntekalender, Saatgutvielfalt, Marktübersättigung: Zwei Tage lang diskutierten 50 Kleinbäuerinnen und Kleinbauern über die zahlreichen Faktoren, die für eine erfolgreiche Ernte einkalkuliert werden müssen. Unterstützt werden sie auch von Ernährungsspezialisten und weiteren lokalen Expertinnen aus den Bereichen Landwirtschaft, Saatgut und Ernährung. Es gibt viel Wissen auszutauschen: Nicht nur gut zu vermarkten und nährstoffreich sollten die angepflanzten Kulturen sein. Um einen Marktüberschuss zu vermeiden, müssen sie auch zum richtigen Zeitpunkt geerntet werden.
Im Rahmen von unseren Agroökologie-Projekten erhalten die Bäuerinnen Unterstützung bei der Produktion und bei der Ausarbeitung von Geschäftsplänen. Innovative Kooperationen mit städtischen Abnehmern versprechen aufregende neue Möglichkeiten.
In Tansania steigt die Nachfrage nach ökologischen Produkten – die Bäuerinnen passen sich an, indem sie auf agroökologische Anbaumethoden umstellen. SWISSAID unterstützt die Kleinbauernfamilien bei der Produktion und bei der Ausarbeitung von Geschäftsplänen.
Innovativ ist auch die Smartphone-App «Macho Sauti». Mithilfe einer von der ETH Zürich mitentwickelten App können Bäuerinnen in Tansania untereinander Problemlösungen bei der Umstellung auf Agroökologie austauschen und auch direkt bei Fachleuten Rat holen.
In einem Forschungsprojekt mit der ETHZ und der Sokoine Universität in Tanzania werden auch die agroökologischen Produktionsmethoden wissenschaftlich untersucht, zum Beispiel welche biologische Schädlingsbekämpfung am besten wirkt, oder welche Methode zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit den grössten Einfluss auf die Erntemenge hat. Damit können die Empfehlungen für die Bäuerinnen und Bauern laufend verbessert werden. Aber was jetzt schon klar ist: Agroökologie wirkt!
Mit nachhaltiger Fischzucht zu Ernährungssicherheit
Mein letzter Projektbesuch führt mich in die idyllische Küstenregion im Süden von Tansania. Der Grossteil der Bevölkerung hält sich auch hier mit Subsistenzwirtschaft über Wasser. Fisch ist von existenzieller Bedeutung – ernährungstechnisch als auch finanziell. Aufgrund von industrieller Überfischung gehen die Fischbestände im Meer aber immer weiter zurück. Um den Zugang zur Küste zu erleichtern, aber auch um günstig Brennholz zu gewinnen, werden wichtige Mangrovenbestände abgeholzt.
Die Ziele des Fischzuchtprojekts von SWISSAID sind deshalb höchst relevant: Fischfang aus küstennahen Zuchtbecken und Aufforstung der Mangrovenwälder. Und während noch viel zu tun bleibt – der Bau eines Fischteiches braucht bis zu drei Monate – stimmt mich der Enthusiasmus der Bevölkerung sowie die Unterstützung der lokalen Behörden zuversichtlich.
Der Küstenbezirk der Lindi Region gehört zu den ärmsten Gemeinden in Tansania. Der Grossteil der Bevölkerung hält sich mit Subsistenzwirtschaft knapp über Wasser. Fisch stellt die weitgehend einzige Quelle für tierisches Eiweiss dar.
Auf dem richtigen Weg
Vieler Eindrücke reicher und optimistisch gestimmt verlasse ich Tansania nach zwei intensiven Wochen. Die Projekte sind lokal verankert. Forschung, Umsetzung und Sensibilisierungsarbeit gehen Hand in Hand. Gemeinsam mit den Begünstigten und mit tanzanischen Partnerorganisationen überwindet unser engagiertes lokales Team täglich neue Herausforderungen. Und erreicht so Schritt für Schritt mehr Ernährungssicherheit, Gleichstellung und Gerechtigkeit. »