Die Effekte der Klimaerhitzung lassen sich nicht mehr leugnen. Jährlich gibt es neue Temperaturrekorde, so wie vergangenen Silvester, als in der Schweiz teilweise über 20 Grad gemessen wurden. Regelmässig erreichen uns Schreckensmeldungen von Überschwemmungen, Stürmen und Dürren.

Besonders ungerecht: Die Menschen, welche am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, leiden am meisten darunter. Zum Beispiel die Bevölkerung der Sahelzone, welche sich von Ost- bis Westafrika erstreckt. Dort waren die Regenfälle schon vor der Klimaerhitzung spärlich. Doch nun werden sie noch knapper und die Bäuerinnen und Bauern können sich nicht mehr darauf verlassen, dass der Regen zur gewohnten Jahreszeit einsetzt.

Dadurch wird es in diesen Regionen, die heute schon stark von Hunger betroffen sind, zunehmend schwierig Nahrungsmittel anzubauen.

Einheimische Vielfalt

Was in dieser Situation hoffen lässt: Der Reichtum an vielfältigem Saatgut, welches bestens an ungünstige Klimabedingungen angepasst sind. Beispielsweise haben die Bäuerinnen und Bauern in Guinea-Bissau Reissorten gezüchtet, welche salzhaltigem Wasser widerstehen können. Dies ist ein wichtiger Vorteil, weil mit dem steigenden Meeresspiegel die Versalzung der Böden ein zunehmendes Problem darstellt.

Auch gibt es in Afrika und in anderen Weltgegenden traditionelle Nutzpflanzen, welche relativ gut mit den künftigen Klimabedingungen auskommen: Verschiedene Hirsenarten können mit wenig Wasser wachsen und leichten Dürren widerstehen. Einheimische Leguminosen-Arten wie die Bambara-Erdnuss und Helmbohnen sind ebenfalls an Trockenheit angepasst und bereichern den Boden zusätzlich durch Stickstoff. Ausserdem haben diese Pflanzen einen hohen Gehalt an wertvollen Proteinen, Mineralien und Vitaminen, was den mangelernährten Bevölkerungsgruppen zugutekommt.

Trotzdem werden diese Pflanzen bisher viel zu wenig angebaut und wurden von der Forschung lange sträflich vernachlässigt. Während der Grünen Revolution flossen viele Forschungsgelder in die Entwicklung von Mais, Weizen, Reis und Soja. Weltweit wurden Bäuerinnen und Bauern motiviert, diese Sorten an Stelle ihrer traditionellen Nutzpflanzen anzubauen.

Doch langsam beginnt ein Umdenken. Auch dank den Projekten von SWISSAID, die unter anderem in Niger, Tschad, Tansania und Indien den Anbau und die Vermarkung solcher Pflanzen fördern.

Kontinuierliche Anpassung

Diese traditionellen Sorten wurden durch die Züchtung der Bäuerinnen und Bauern derart robust und wertvoll. Sie säen jedes Jahr Saatgut aus, dass sie aus der vergangenen Ernte zurückbehalten haben. Daraus wählen sie wiederum die Pflanzen aus, welche sich unter dem aktuellen Klima am besten behaupten, genügend Ertrag liefern und in Geschmack und anderen Eigenschaften den Bedürfnissen der Bevölkerung entspricht. So passen sich die Sorten kontinuierlich an und verändern sich mit den ändernden Klimabedingungen.

Dies im Gegensatz zu den Sorten der Agrarkonzerne, welche so gezüchtet wurden, dass die Pflanzen sich gleichen wie ein Ei dem anderen und sich nicht verändern. Daher ist es wichtig, dass das Saatgut in den Händen der Bäuerinnen und Bauern bleibt und nicht von den Agrarkonzernen angeeignet wird.

Lösung aus dem Süden

Zu Zeiten der Klimakrise ist dieser Schatz an vielfältigen Sorten nicht nur für die Länder des Südens, sondern auch für uns wertvoll. So wird in den USA bereits im grossen Stil Sorghum – ein Afrikanisches Getreide – angebaut als Alternative zum „durstigen“ Mais. Auch auf Schweizer Äckern trifft man Sorghum immer öfter an.

Wir haben zudem unsere eigenen traditionellen Kulturen. Zum Beispiel die Platterbse, welche bis in die 1960er Jahre in Europa noch häufig als Nutzpflanze angebaut wurde und ebenfalls sehr trockenheitsresistent ist. Seit kurzem versucht das Schweizer Züchtungsunternehmen „Getreidezüchtung Peter Kunz“ dem Platterbsenanbau in Zusammenarbeit mit Bäuerinnen und Verarbeitern zu neuer Blüte zu verhelfen.

Erhalt ist wichtig

Die Sortenvielfalt bietet ein grosses Potential für die Anpassung an den Klimawandel. Darauf werden wir wohl noch dringend angewiesen sein. Umso wichtiger ist es diese Vielfalt zu erhalten und die Rechte der Gemeinschaften zu schützen, die sie erschaffen haben.

Helmbohne

In Schweizer Gärten ist die Helmbohne ausschliesslich als Zierpflanze anzutreffen. Die wenigsten Gärtnerinnen wissen, dass diese Bohne in Teilen Asiens ein wichtiges Nahrungsmittel darstellt. Gegessen werden fast alle Pflanzenteile: Die Körner werden getrocknet und als Trockenbohnen gekocht, die unreifen Schoten wie Kefen gegessen und die jungen Blätter und Triebe als Gemüse zubereitet. Alle Pflanzenteile enthalten viele essentielle Aminosäuren und dienen daher als Proteinquelle, die ähnlich wertvoll wie Fleisch ist.

In Indien werden Helmbohnen traditionellerweise neben dem Haus gepflanzt, so dass sie die Wände und das Dach hochranken. So kann eine einzelne Pflanze eine ganze Familie mit frischem Gemüse versorgen. Ursprünglich kommt die Helmbohne aus Afrika, wo sie aber kaum angebaut wird. Durch ihre extrem langen Wurzeln kann sie der Wasser aus tiefen Bodenschichten nutzen und bleibt auch grün, wenn rundum längst alles verdorrt ist.

Dieser Artikel ist erstmalig in der August-Ausgabe des Magazins «Gartenfreund/Jardin vivant» erschienen. Hier können Sie den Artikel im PDF-Format lesen.