Herr Marty, zurzeit baut man bei multinationalen Unternehmen mit Sitz in der Schweiz auf Selbstverantwortung und freiwillige Massnahmen, um Mensch und Umwelt zu schützen. Warum reicht das nicht aus?

Dick Marty: Selbstregulierung ist keine Lösung. Für Unternehmen, die bereits auf die Grundrechte der lokalen Bevölkerung achten – sicherlich eine Mehrheit –, ist sie nutzlos. Bei denjenigen, deren maximaler kurzfristiger Gewinn der einzige Antrieb ist, greifen freiwillige Massnahmen völlig ins Leere.

Wie steht die Schweiz im internationalen Vergleich da?

Die UNO, die OECD und der Europarat fordern die Staaten auf, Normen festzulegen, die den Grundsatz der multinationalen Haftung und das Recht der Geschädigten auf Schadenersatz gesetzlich verankern. Wir sind das Land mit der höchsten Konzentration an multinationalen Hauptsitzen. Deshalb sind wir verpflichtet, im Interesse unseres Landes zu handeln. Andere Länder haben dies bereits getan, zum Beispiel Frankreich und Amerika.

In der Schweizer Wirtschaft ist man sich nicht einig, ob man die Initiative unterstützen soll oder nicht. Warum ist das so?

Typische Schweizer Unternehmen wie Migros, Coop oder Manor haben ein Gegenprojekt unterstützt, das der Initiative ählich ist. Es sind die multinationalen Unternehmen mit einer absoluten Schweizer Minderheitsbeteiligung, die keine Regeln wollen. Zu den einflussreichen Aktionären dieser Unternehmen gehören oft Hedgefonds.

Warum reicht der bundesrätliche Gegenvorschlag, in dem keine Haftungsregelung vorgesehen ist, nicht aus?

Dieser Lösungsvorschlag ist eine Farce. Er bedeutet nichts, ausser dass Unternehmen in ihrem Geschäftsbericht schreiben können, was sie wollen. Wir erleben das gleiche Szenario wie bei der Geldwäscherei: Man hat es den Banken überlassen, eine Lösung zu finden. Es brauchte eine ganze Reihe von Skandalen, bis endlich ein Gesetz verabschiedet wurde.

 

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Dick Marty, ehemaliger Staatsanwalt des Kantons Tessin und Ständerat

«Wir sind das Land mit der höchsten Konzentration an multinationalen Hauptsitzen. Deshalb sind wir verpflichtet, im Interesse unseres Landes zu handeln.»