Fonio-Hirse, Lablab-Bohne oder Bambara-Erdnuss – kaum jemand kennt diese Nutzpflanzen bei uns. Für die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern im Süden sind solche traditionellen Getreidesorten und Hülsenfrüchte jedoch essenziell. Viele davon sind sehr nährstoffreich, überstehen Dürrephasen gut und trotzen Schädlingen.
Allerdings werden solche Nutzpflanzen im Süden von Forschung und Regierungen vernachlässigt und oft als Arme-Leute-Essen wahrgenommen. Lieber werden Agrarexportgüter gefördert, auch Cash Crops genannt, die Prestige und Exportchancen versprechen. In der Folge verlieren viele Bäuerinnen und Bauern das Interesse und pflanzen die traditionellen Getreide, Bohnen und Gemüse immer seltener an.
Zudem ist in vielen Ländern strikt reguliert, welches Saatgut überhaupt gehandelt oder getauscht werden darf. Diese Regeln sind oft einseitig auf kommerzielles Saatgut ausgerichtet, weswegen traditionelle Nutzpflanzen und bäuerliche Sorten immer mehr zurückgedrängt werden.
Adoum Nadji, Bauer und Saatgutproduzent in Kouziwaït, in seinem Sorghum-Feld. Sorghum ist eines der wichtigsten Getreide und kann Trockenheit sehr gut widerstehen. Kräftige, lange Wurzeln ermöglichen eine gute Wasserversorgung. Sorghum kann zu vielen Produkten verarbeitet werden: Gekocht wie Reis oder zu Brei, Malz oder Popcorn. Die Stängel enthalten Zucker und Fasern und können ebenfalls verwendet werden.
Pilotprojekt CROPS4HD verleiht alten Pflanzen neues Leben
Das neue Projekt CROPS4HD (Consumption of Resilient Orphan Crop for Products for Healthier Diets) soll nun den alten Pflanzen neues Leben verleihen und ihr Potential für die Ernährung besser nutzbar machen.
CROPS4HD verfolgt drei wichtige Ziele:
- Traditionelle Nutzpflanzen und Sorten attraktiver machen, indem die Vorteile für die Ernährung aufgezeigt werden: Viele dieser Pflanzen sind sehr reich an Vitaminen, Proteinen und Mineralien und haben daher das Potential – wie in jüngerer Zeit Quinoa oder Amaranth – als Superfood gehypt zu werden. Zudem soll die Nachfrage nach solchen Produkten angekurbelt werden, damit deren Anbau für die Bäuerinnen und Bauern attraktiv wird.
- Die Bäuerinnen und Bauern unterstützen, ihre Anbautechniken zu verbessern, um gute Erträge zu erzielen: Gemeinsam mit den lokalen Mitarbeiterinnen von SWISSAID, lokalen Partnern und Forscherinnen vom FiBL, werden geeignete Sorten ausgewählt und züchterisch bearbeitet um Erträge, Geschmack, Nährwert oder andere Eigenschaften zu verbessern.
- Die bäuerlichen Saatgutsysteme stärken und das Recht der Bäuerinnen und Bauern schützen, ihr Saatgut selber zu vermehren, zu tauschen und zu verkaufen: Um die Rahmenbedingungen für bäuerliches Saatgut und traditionelle Sorten zu verbessern, setzen sich die Projektpartner in den Fokusländern, auf Ebene des Afrikanischen Kontinents und international ein. Sie unterstützen bäuerliche Organisationen dabei, ihre Rechte einzufordern und treten mit den Entscheidungsträgern auf den unterschiedlichen Ebenen in Dialog.
Amaranth (Amaranthaceae)
Die traditionelle Nutzpflanze kommt in gemässigten Breiten wie auch in den Tropen vor. Es gibt Arten, deren Blätter als Gemüse genutzt werden, andere produzieren Samen, die wie Getreide verwendet werden. Amaranth wächst schnell; die Blätter können kontinuierlich geerntet werden. Die Pflanze ist sehr anspruchslos und trockenheitstolerant. Blätter wie auch Samen haben einen hohen Proteingehalt und sind von sehr hoher Qualität.
Maniok (Manihot esculenta)
Eine strauchartige Pflanze; die verholzten Stängel können mehrere Meter hoch werden. Maniok ist sehr trockenheitsresistent und wird durch Stecklinge der Stängel vermehrt. Die Wurzel besteht zum grössten Teil aus Stärke. Bittere Manioksorten enthalten tödliche Blausäure und müssen gewaschen oder gestampft werden, um diese zu entfernen. Im Gegensatz enthalten süsse Manioksorten nur geringe Konzentrationen an Blausäure und werden wie Kartoffeln gekocht.
Kompetente und erfahrene Projektpartner
SWISSAID führt das Pilotprojekt gemeinsam mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL*) und der Allianz für Ernährungssouveränität in AFRIKA (AFSA**) durch. Mit APBREBES und GRAIN arbeiten zwei weitere Nichtregierungsorganisationen mit, welche sich für die Rechte der Bäuerinnen und Bauern engagieren.
In einem ersten Schritt setzen die Partner das Projekt gemeinsam in den Ländern Niger, Tschad, Tansania und Indien um. Die daraus gewonnenen Erfahrungen sollen sich auch auf andere Länder übertragen lassen. Das Projekt verfügt über ein Budget von 13‘000‘000 Franken und wird von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) zunächst für vier Jahre mit einem Betrag von 9’800’000 Franken unterstützt, wobei die beteiligten Organisationen den restlichen Betrag aus eigenen Mitteln beisteuern müssen.
Das Konsortium von SWISSAID, AFSA und FiBL konnte sich in einer kompetitiven Ausschreibung gegen 93 andere Bewerber aus aller Welt durchsetzen. Die Erfahrungen und Kompetenzen der beteiligten Organisationen ergänzen sich bestens, was für den Zuschlag eine entscheidende Rolle spielte.
*FiBL (Forschungsinstitut für biologischen Landbau) ist ein Forschungsinstitut, welches im Bereich Biologische Landwirtschaft weltweit führend ist und über Erfahrung zu partizipativer Forschung, Züchtung und Marktentwicklung verfügt.
**AFSA (Alliance for Food Sovereignty in Africa) ist die grösste zivilgesellschaftliche Bewegung in Afrika und verfügt in den Bereichen Advocacy und Agroökologie über grosse Erfahrung.