Die Gentechnologie, auch Gentechnik genannt, existiert bereits seit mehreren Jahrzehnten. Dabei werden Gene in einer Pflanze verändert, um ihr die gewünschten Eigenschaften zu verleihen. Das klassische Verfahren ist ungenau und schwer kontrollierbar, wodurch unerwünschte Nebenwirkungen auftreten können. Diese Technologie ist in der Schweiz gesetzlich reguliert. Seit einigen Jahren werden neue Gentechnikverfahren entwickelt. Damit soll es möglich sein, «das Erbgut und die Genregulation zielgerichtet, planvoll und ohne erhebliche Nebenwirkungen manipulieren zu können».
Monopol statt Vorteil
Diese neuen Verfahren sollen es den Saatgutzüchterinnen und -züchtern im Globalen Süden ermöglichen, neue Sorten mit nützlichen Eigenschaften zu züchten, die beispielsweise resistenter gegenüber Dürren sind. Die Kehrseite der Medaille: Es existieren bereits Tausende Patente auf gentechnisch veränderte Sorten und diese befinden sich hauptsächlich in den Händen der drei großen Agrarkonzerne Corteva, Bayer und Syngenta. In den meisten Fällen benötigen Züchterinnen und Züchter also die Zustimmung der Patentinhaber, um das Saatgut verwenden zu können. Ganz zu schweigen von den Kosten, die mit der Verwendung von patentiertem Saatgut verbunden sind. Anstatt die Züchtung zu demokratisieren, führen die neuen Gentechnikverfahren somit zu einer weiteren Monopolisierung der genetischen Vielfalt.
«Es ist nicht nur die Technologie selbst, die ein Problem darstellt, sondern es sind auch die Machtverhältnisse und das industrielle Agrarsystem, die dahinterstehen», sagt Simon Degelo auf swissinfo.
Natürliche Lösungen sind viel nachhaltiger
Die Bäuerinnen und Bauern in den Ländern des Globalen Südens besitzen jedoch bereits robuste Sorten. Seit Jahrtausenden züchten sie Saatgut, das perfekt an die lokalen Bedingungen angepasst ist. Beispiele sind Reissorten, die im salzhaltigem Wasser wachsen können, oder Hirsesorten, die Hitze- und Dürreperioden gut überstehen. Dies sind weitaus nachhaltigere und kostengünstigere Lösungen als die Versprechen der Gentechnik.
Die Agrarindustrie betreibt intensive Lobbyarbeit, damit diese neuen Verfahren ohne jegliche Regulierung der traditionellen Züchtung gleichgestellt werden. Die Art und Weise, wie die Schweiz und Europa die Gentechnik regulieren, beeinflusst die Art und Weise, wie diese Verfahren in den Ländern des Globalen Südens bewertet und reguliert werden. Deshalb setzt sich SWISSAID gegen eine überstürzte Zulassung gentechnisch veränderter Organismen ein – ob diese nun mit neuen oder alten Methoden der Gentechnologie erzeugt wurden.
Weitere Informationen zur Gentechnik
Das alte Gentechnikverfahren hat vor allem Pflanzen hervorgebracht, die gegen Herbizide resistent sind oder selbst Pestizide produzieren. Diese Sorten bescheren den Agrarkonzernen satte Gewinne, da sie mit den entsprechenden Chemikalien verkauft werden können. Selbst mit den neuen Gentechnikverfahren ist es unwahrscheinlich, dass Sorten entstehen, die den Bäuerinnen und Bauern im Globalen Süden einen echten Zusatznutzen bieten. Dürreresistente Sorten wurden beispielsweise schon vor dreißig Jahren mit den alten Verfahren versprochen, und dennoch ist bis heute keine Sorte mit solchen Eigenschaften auf dem Markt erhältlich.
Im Gegensatz zur klassischen Gentechnik kann man mit den neuen Verfahren wie Crispr/CAS bis zu einem gewissen Grad kontrollieren, wo eine Veränderung eingeführt wird. Viele Schritte bleiben jedoch gleich wie bei den alten gentechnischen Methoden. Ausserdem werden auf diese Weise Pflanzen entwickelt, die auf natürlichem Weg nie entstanden wären. Die Methoden sind zudem weit weniger präzise als die Industrie uns glauben macht und es gibt viele unbeabsichtigte Veränderungen, die schwer zu erkennen sind.
Die Risiken zeigen sich zum Beispiel in den USA: In einer gentechnisch gezüchteten Rinderrasse wurde ein versehentlich eingefügtes Antibiotikaresistenz-Gen entdeckt. Dieses Gen wurde nur entdeckt, weil in den USA noch immer eine umfassende Risikobewertung für Tiere vorgeschrieben ist. Bei Pflanzen, die mit den neuen Verfahren gentechnisch manipuliert werden, müssen solche Kontrollen nicht mehr durchgeführt werden. Neben gesundheitlichen Problemen besteht die Gefahr für gravierende soziale Folgen, wenn die neuen Gentechnikverfahren die Patentierung und Monopolisierung von Saatgut weiter vorantreiben.